Die meist in rot und silber oder grau gehaltenen Gestalten werden jenseits stereotyper Kunstdarstellungen des Männlichen und Weiblichen gezeichnet. Entweder schweben sie und scheinen den Rahmen verlassen zu müssen, oder aber sie gewinnen eine partikuläre Individualität durch bizarre Gesichtszüge, surrealistisch prahlende Brüste, Hände, denen ein offenes Hinreichen nicht zugetraut wird. Der männliche Habitus ist eine Begleiterscheinung der inneren Welt einer Frau, die ihrer Erinnerung, verkettet mit einer einzigartigen Imaginationskraft, freien Lauf gewährt.
Das Antlitz im Vordergrund
So wie man im Leben durch den Austausch von Blicken zur Nähe findet, so nähert man sich der geheimnisvollen Welt der Künstlerin dank einiger Bilder, die nicht den Torso, sondern das Antlitz in den Vordergrund stellen. Da werden in „Eyes“ Dutzende von Augenpartien bruchstückhaft dargestellt, und jedes der Augen spricht eine eigene Sprache. Dabei spiegelt sich die mannigfaltige Hautstruktur auf frappierende Weise in der Faktur der kontextuellen Bildoberfläche wider. In „Silence“, einer Sequenz von drei Gesichtern, lässt die Schärfe, mit der sie gezeichnet sind, den Abgrund der durchlebten, aber auch der projizierten Emotionen nur ansatzweise erahnen.
Ausgewählte Bilder der letzten zwei Jahre
In der Ausstellung werden ausgewählte Bilder von Beata Obst aus den letzten zwei Jahren präsentiert. Wer ihre hierzulande selten anzutreffenden Bilder aus der vorangegangenen amerikanischen Periode kennt, wird einerseits den konsequenten Weg der Perfektionierung der künstlerischen Ausdrucksmittel bei gleichzeitiger Reduzierung auf das Wesentliche in der Darstellung des Menschen wahrnehmen. Andererseits gewinnt der Interpretationsraum neue Dimensionen, der Betrachter wird immer intensiv herausgefordert, die Suche nach dem, was seine Einmaligkeit ausmacht, immer wieder neu zu beginnen. Viele Bilder lassen einen nicht los durch die beharrliche Negierung jeglicher Deutlichkeit. Nackte, zerbrechliche Körper, orakelhaft geordnet, sprechen essentielle Wahrheiten über die Hilflosigkeit unserer zerbrechlichen Träume von der Vereinigung mit dem Geliebten.